Rede anlässlich des Ukrainischen Unabhängigkeitstags von Jan Pasternack

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Vorstandmitglied Jan Pasternack spricht Ukraine Solidarität am Ukrainischen Unabhängigkeitstag aus.

Rede anlässlich des Ukrainischen Unabhängigkeitstags, 25.08.22, Paulsplatz (es gilt das gesprochene Wort)

 

Sehr geehrt Ukrainerinnen und Ukrainer,

Sehr geehrte Frankfurterinnen und Frankfurter mit ukrainischer Familiengeschichte, 

sehr geehrte Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

ich spreche heute hier im Namen meiner Partei, muss jedoch zunächst etwas Persönliches sagen.

Zu meinen schönsten Erinnerungen als Jugendlicher gehören die Reisen auf die Krim und nach Mykolajiw zu Freunden der Familie. 

Zu meinen schönsten Erinnerungen als Student gehört die lange Zeit, die ich in Russland gelebt und gearbeitet habe. 

Zu den größten Enttäuschungen meines Lebens gehört die Erfahrung, dass viele der Freundinnen und Freunde, die ich in Russland ins Herz geschlossen habe, ihre Köpfe und Herzen haben vergiften lassen von den Lügen und der Hetze der faschistoiden Putin-Regierung. Und das, obwohl sie es hätten besser wissen können.

 

Ich habe gedacht, dass ich mit meinem Wirken in Russland einen, wenn auch sehr kleinen, aber trotzdem wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung und zum Frieden geleistet habe. Ich habe mich getäuscht. 

Meine Heimat ist Mecklenburg-Vorpommern, ein Land, das keine Wirtschaftskraft hat, wo vieles nach der Wende kaputt gemacht worden ist. Ich habe gedacht, dass ein Pipeline-Projekt mit Russland auch eine Chance für die Region sein kann. Ich habe mich getäuscht. 

Viele sicher geglaubte Wahrheiten wurden am 24. Februar unwiederbringlich zerstört. Eigentlich schon im Jahr 2014 nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, der seitdem bereits vor Februar dieses Jahres 14.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Aber viele wollten das nicht sehen. Wollten nicht hören auf die Warnungen und Ängste unserer osteuropäischer Partnerländer. So auch Teile meiner Partei. 

Und so stehe ich heute hier voller Demut vor all jenen, die Familienmitglieder in diesem Krieg verloren haben, die Angst haben, die fliehen mussten und unfreiwillig in Frankfurt gelandet sind.  

Schon bevor wir viele Geflüchtete aufgenommen haben, worauf ich sehr stolz bin, lebten tausende Menschen mit ukrainischer Herkunft im weltoffenen Frankfurt und Hessen. Es sind unsere Nachbarinnen und Nachbarn, Freundinnen und Freunde. Leid, dass ihnen angetan wird, verpflichtet uns alle zum Handeln. Denn es ist auch eine Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts hier vor Ort, in Frankfurt. 

Darum ist es wichtig, dass wir uns heute hier bekennen - zum Freiheitskampf des ukrainischen Volkes, zur Unabhängigkeit der Ukraine.

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, 

31 Jahre Unabhängigkeit sollten eigentlich ein Grund zum Feiern sein. Aber Präsident Selenskyj hat es gesagt: am 24. Februar 2022 ist eine neue Nation entstanden. Es ist kein Grund zur Freude. Es ist ein Grund zum Weinen. Und doch auch ein Grund, stolz zu sein. Sich in Demut zu verneigen vor dem unbändigen Mut der ukrainischen Bevölkerung. Die für ihre, aber auch unsere Freiheit kämpfen!

 

Ohne Freiheit gibt es keinen Frieden. Niemals dürfen wir uns unterjochen lassen! Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen in unserer Nachbarschaft getötet und gefoltert werden! Dieser Krieg darf für uns niemals Alltag werden! 

Deutschland ist heute das zweitgrößte Geberland. Das ist wichtige finanzielle Hilfe, daran besteht kein Zweifel. Aber wir tun nicht genug, auch daran besteht kein Zweifel. Es wäre wohlfeil zu behaupten, dass es doch ganz leicht einen besseren Weg gäbe. Ich wüsste keinen. Aber ich werde auch nicht aufhören zu fordern: Schickt der Ukraine die Waffen, die sie brauchen, um ihr Leben zu retten.

Wir können das Handeln der Kriegsverbrecher nicht ändern. Aber wir können die Haltung ändern, mit der wir uns ihnen entgegenstellen. Jeden Tag. Darum appelliere ich an alle Frankfurterinnen und Frankfurt, lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen. Wir müssen als Bevölkerung unseren Teil beitragen, indem wir Haltung wahren. 

Und ja, das ist leichter gesagt, wenn man nicht  von Armut betroffen ist. Darum ist dieser Tag heute so wichtig. Es geht um die Selbstvergewisserung, dass wir es noch ernst meinen mit unserer Solidarität. Denn die nächsten Monate werden hart. Soziale Härten, die von den regierenden Parteien abgefedert werden müssen und abgefedert werden. Dessen bin ich mir sicher. Als SPD werden wir uns genau dafür stark machen. Denn das ist aktuell das Zweitwichtigste was wir tun müssen. 1. Waffen liefern und 2. diejenigen entlasten, die nicht so einfach mit den Konsequenzen der Sanktionen umgehen können. 

Fehler der Vergangenheit können wir nicht wieder gut machen. Was wir aber heute tun können, ist mit all unseren Möglichkeiten eng an der Seite des ukrainischen Volkes zu stehen. Ein freies Volk, das auch unsere Freiheit schützt. 

Dyakuyu i Slava Ukraini!