Römer-Koalition steht zum städtischen Krankenhaus

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Die Varisano-Kliniken Frankfurt-Main-Taunus sollen nach Ansicht der Koalition nachhaltig saniert werden.

 

Für die Römerkoalition ist klar: Wir werden das städtische Krankenhaus Höchst im Varisano-Klinikverbund Frankfurt-Main-Taunus weiter als Einrichtung der Maximalversorgung in kommunalem Besitz betreiben und auf eine finanziell gesunde Basis stellen. Um das langfristig zu erreichen, muss neben der kurzfristigen Liquiditätssicherung eine Finanzierungsvereinbarung bzw. -zusage beider Gesellschafter erfolgen und ein umfangreiches Restrukturierungskonzept erstellt werden.

Dafür wurden in der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vor der Sommerpause mit der Magistratsvorlage M 107 bereits die Weichen gestellt. Mit großer Mehrheit beschloss das Stadtparlament, 9 Millionen Euro Finanzmittel im laufenden Haushalt 2023 bereitzustellen und im Haushaltsplanentwurf 2024 weitere 38,3 Millionen Euro. Auch der Main-Taunus-Kreis als Mitgesellschafter der Varisano hat entsprechende Beschlüsse getroffen. Mit diesen Finanzmitteln sind Liquidität und Fortbestand der Kliniken gesichert.

Es muss jedoch eine genaue Analyse ihrer Situation erfolgen und – darauf aufbauend – eine gemeinsame Sanierungsstrategie entwickelt werden. Der Prozess der Bestandsaufnahme und Erstellung eines Sanierungskonzepts soll nach dem Willen der Römerkoalition gemeinsam mit allen Beteiligten und mit größtmöglicher Transparenz erfolgen. Jedoch ist erst mit der Bekanntgabe der endgültigen Fassung eines neuen Krankenhausgesetzes auf Bundesebene, das entscheidende Rahmenbedingungen für die Arbeit der Varisano-Kliniken definiert, eine verbindliche Finanzplanung möglich. Zudem sind in erster Linie die Länder für die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser zuständig. Sie finanzieren die Investitionskosten der Kliniken momentan aber nicht ausreichend. Die Stadt Frankfurt und der Main-Taunus-Kreis leisten mit ihrer immensen finanziellen Unterstützung einen erheblichen Beitrag zur Sicherung des Versorgungsauftrages in Hessen.

Kämmerer Bastian Bergerhoff freut sich sehr, dass nicht nur die Stadtverordneten der Koalition, sondern viele weitere für die M 107 und damit für die namhaften Finanzhilfen gestimmt haben – obwohl die Magistratsvorlage sehr kurzfristig eingebracht werden musste und das auch noch knapp vor den Ferien. „Natürlich erfordert die Zusage unserer Partner:innen in Main-Taunus und von uns einen Kraftakt. Aber wir sichern damit den Erhalt der Kliniken und gewinnen die notwendige Zeit, um anhand genauer Analysen der Strukturen unserer Krankenhäuser, der regionalen Bedarfe und der bisherigen Unternehmensstrategie der Varisano einen tragfähigen Sanierungsplan auszuarbeiten“, beschreibt Bergerhoff das weitere Vorgehen. Ein erfolgversprechender Plan werde nicht von heute auf morgen auf dem Tisch liegen. Die Gesundheitsversorgung vor Ort zukunftssicher zu gestalten, sei es jedoch wert, Geld, Zeit und intensive Arbeit in einen solchen Plan zu investieren. 

Dass die prekäre Lage der Kliniken Frankfurt-Main-Taunus sich derzeit in der überwiegenden Zahl der Krankenhäuser in Deutschland ähnlich oder noch schlimmer darstelle, betonen die GRÜNEN im Römer. Die Fraktionsvorsitzende Tina Zapf-Rodriguez erklärt dazu: „Varisano ist kein Einzelfall. Der Anteil der deutschen Krankenhäuser, die rote Zahlen schreiben, hat sich im letzten Jahr von 43 auf 56 Prozent erhöht. Über 30 Prozent sind sogar in ihrer Existenz bedroht.“ Nicht nur die Folgen der Pandemie hätten sich negativ auf die Finanzlage der Kliniken ausgewirkt, sondern auch die vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verursachten Preissteigerungen von Energie, Medikamenten und vielen anderen Produkten. „In dieser schwierigen Gemengelage tun wir alles dafür, unsere stadteigene Klinik zu unterstützen. Zugute kommt uns, dass der Passivhaus-Neubau effizient Energie einsparen kann. Strom- und Gasverbrauch können so signifikant gesenkt werden. Insgesamt braucht es nichtsdestotrotz das bereits in der M 107 zugesagte umfangreiche Restrukturierungskonzept, um das Klinikum wieder auf sichere Füße zu stellen“, führt Zapf-Rodriguez weiter aus.

Auch die Sozialdemokrat:innen in Frankfurt verfolgen dieses Ziel. Die starke Unterstützung der Finanzhilfen für die Kliniken im Frankfurter Stadtparlament zeige die große Verbundenheit mit der städtischen Traditionseinrichtung über Partei- und Stadtteilgrenzen hinweg. „Das erklärt auch, wieso die Sorge bezüglich der Zukunft unserer Klinik so groß ist. Wir werden von vielen Beschäftigten und Bürger:innen – speziell im Frankfurter Westen – darauf angesprochen. Das nehmen wir sehr ernst und die Koalition handelt entsprechend“, berichtet die Fraktionsvorsitzende Ursula Busch. „Es war und ist unser Credo, die Kliniken in öffentlicher Hand zu behalten. Wir brauchen sie für eine gute Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, daran hat sich nichts geändert“, versichert sie. Die SPD werde sich für einen transparenten Prozess zur Entwicklung des erforderlichen Restrukturierungskonzepts einsetzen. „Wir wollen, dass alle Beteiligten eingebunden werden. Gerade die Beschäftigten müssen mitgenommen und motiviert werden, wenn die Stabilisierung der Häuser nachhaltig gelingen soll. Wir wollen kein kurzfristiges Herumdoktern und Einsparen, sondern ein Strukturkonzept, das die Kliniken mittel- und langfristig erhält“, so Busch.

Yanki Pürsün, FDP-Fraktionsvorsitzender, sieht bei der Gewinnung von Fachpersonal und deren Bindung an die Kliniken ein momentanes Problem, das jedoch langfristig zur Chance werden könne. Der Liberale erklärt: „Schon länger hat der Fachkräftemangel die medizinischen Berufe erreicht. Nicht nur die zunehmende ambulante Behandlung der Kranken, sondern auch ernste Personalengpässe sorgen für die Schließung von Stationen, dies zieht Mindereinnahmen nach sich und diese führen zu Defiziten.“ Es müsse geprüft werden, welche Möglichkeiten es gebe, diese fatale Abwärtsspirale zu durchbrechen. Zum Beispiel könne die Bündelung von Kompetenzen und Kapazitäten der Kliniken einen sinnvollen Beitrag leisten, um die dramatische Situation zu verbessern, ohne dass Qualität und Versorgung leiden würden. Pürsün ist zudem dafür, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die die Beschäftigung in den hiesigen Kliniken attraktiver machen als anderswo. Es sei genau abzuwägen, was zu einem besseren Arbeitsklima beitrage und wie es finanziert werden könne. Das werde zunächst mühsam, langfristig jedoch ein Gewinn für Beschäftigte und Klinikleitung sein – und natürlich an erster Stelle für die Kranken, die so eine bessere Versorgung und mehr Zuwendung erhielten.

Eine Reform der bisherigen Unternehmensstrategie, sodass die Menschen im Mittelpunkt des Krankenhausalltags stehen, wünscht sich Volt im Römer. Fraktionsvorsitzender Martin Huber bewertet die Ausgangslage in Frankfurt positiv:  “Eigentlich haben wir in Höchst doch gute Voraussetzungen, unsere innovativ und nachhaltig aufgestellten Kliniken zu erhalten. Sie befinden sich regional in zentraler Lage, sind gut erreichbar und zukünftig durch die Regionaltangente West auch besser an den ÖPNV angebunden. Sie haben einen hohen Bekanntheitsgrad über Frankfurt und den Main-Taunus-Kreis hinaus. Aufgrund der bereits erfolgten und noch geplanten Neubaumaßnahmen können wir in unserem beispielhaften Passivhausbau ein modernes Umfeld bieten. Neue Technik und kürzere Wege verbessern das Arbeitsumfeld, allerdings müssen wir solchen Veränderungen auch Zeit geben, bis alles reibungslos funktioniert. Gelingt es uns, ausreichend Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, bin ich zuversichtlich für den Fortbestand unserer Kliniken.“ Allerdings, so Huber, müssten auch Bundes- und Landesebene dazu etwas beitragen: Aus Berlin erwarte man eine vernünftige Neuausrichtung der Krankenhausfinanzierung und aus Wiesbaden eine Unterstützung bei den Investitionskosten.