Verfechterin der kulturellen Teilhabe

|   Stadtpolitik

Ina Hartwig will als Dezernentin die Großprojekte voranbringen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Die Kulturdezernentin im Interview mit der Frankfurter Rundschau am 26.01.2022.

Wenn man die Politik mit einem Marathon vergleicht, hat Ina Hartwig erst gezögert, an dem Rennen teilzunehmen, dann aber einen schnellen Start hingelegt. Die Journalistin, Autorin und Literaturkritikerin trat 2012 der SPD bei. Vier Jahre später erreichte die Partei bei der Kommunalwahl in Frankfurt ein so gutes Ergebnis, dass sie das Kulturdezernat übernehmen konnte. Über das parteiinterne Netzwerk fiel die Wahl auf Hartwig, was sich als Glücksfall erwies.

Die heute 58-Jährige hat eine intellektuelle Größe wie ihr Vorgänger Felix Semmelroth (CDU), der zehn Jahre lang Kulturdezernent war. Inhaltlich schließt sie an Hilmar Hoffmann (SPD) an, der zwischen 1970 und 1990 die Kulturpolitik in Frankfurt prägte, mit der berühmten Formel „Kultur für alle“ und dem Bau des Museumsufers. Frankfurts Kulturszene weiter zu öffnen und mehr Menschen für die Kultur zu begeistern, sei ihr in der ersten Amtszeit besonders wichtig gewesen, sagt sie. Dazu habe das „Kufti“ beigetragen, mit dem Frankfurter Kinder kostenlos in alle Museen und den Zoo können. Auch das künftige Kinder- und Jugendtheater im Zoo-Gesellschaftshaus, das sie gegen Widerstände auf den Weg gebracht habe, helfe bei der kulturellen Bildung und der Integration. Der Spielort werde auch dringend benötigt.  Vor dem Hintergrund von Pegida, „Querdenken“ und neuer Rechten sei ihr die Stärkung der Erinnerungskultur wichtig. Am heutigen Mittwoch übergibt Hartwig die Schlüssel für die neue Gedenkstätte an das ehemalige KZ in den Adlerwerken an die Trägervereine. „Vor meinem Amtsantritt lag das Thema über viele Jahre brach, obwohl sich bürgerschaftliche Initiativen seit langem dafür einsetzen“, sagt sie.

Als Errungenschaften hebt die Dezernentin den Notfallfonds für Künstlerinnen und Künstler hervor, der seit Beginn der Pandemie Hunderte Kulturschaffende unterstützt habe. Privatpersonen und Stiftungen haben dafür gespendet. Für die Städtischen Bühnen gebe es jetzt eine klare Entscheidung für einen Neubau in der City, „wo die Bühnen hingehören“. Drei Standorte stünden zur Wahl. Mit der Kulturmeile gebe es eine städtebauliche Vision.

In ihrer zweiten Amtszeit bis 2028 wolle sie eine Kultur fördern, „die für alle gesellschaftlichen Gruppen ihre Türen öffnet“. Den Spannungen, die durch die Pandemie verstärkt worden seien, werde sie entgegenwirken. Die Kulturszene soll nach Corona zu alter Stärke zurückfinden. Das müssten zuallererst die Kulturschaffenden tun, aber die Stadt werde sie dabei unterstützen. Wichtige Kulturorte wie die Brotfabrik will Hartwig erhalten. Das Kinder- und Jugendtheater im Zoo-Gesellschaftshaus gehe nun in die Umsetzungsphase. Bei den Bühnen wolle sie zwischen den drei Standortvarianten moderieren und anschließend einen internationalen Architektenwettbewerb veranstalten. Hartwig wirbt auch für die Umsetzung des Kulturcampus in Bockenheim, digitale Neuerungen in den Museen, mehr kulturelle Teilhabe unabhängig von der sozialen Herkunft und mehr Sichtbarkeit für den Wissenschaftsstandort Frankfurt.

2024 wird in Frankfurt der Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin neu gewählt. Wer weiß, wo der Politikmarathon Ina Hartwig noch hinführt.