„Wir müssen die Schulen schneller modernisieren“ - Armand Zorn (MdB) im Interview mit der FR

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Bundestagsabgeordneter Armand Zorn (SPD) über Digitalisierung, steigende Lebenshaltungskosten und die Hartz-IV-Sätze. Das Interview veröffentlichte die Frankfurter Rundschau am 10.01.22

Herr Zorn, wie sind die ersten Monate im Bundestag für Sie gelaufen? War es schwierig reinzukommen?

Nein, das war nicht schwierig. Schon weil es so schnell losging. Wir waren mit den Koalitionsverhandlungen sehr gut beschäftigt. Es standen auch gleich sehr wichtige Entscheidungen an, insbesondere zum Umgang mit der Corona-Pandemie. Parallel habe ich mein Büro aufgebaut. Die Zeit ging also sehr schnell vorbei ...

Erfahrungen als Parlamentarier hatten Sie bisher nicht. War es dadurch schwerer, die ganzen Abläufe zu durchschauen?

Ich hatte den Vorteil, dass ich die parlamentarische Arbeit aus mehreren Praktika im Bundestag und in der französischen Nationalversammlung, aber auch durch mein Studium schon kannte. Es ist aber dann doch eine andere Geschichte, selbst Abgeordneter zu sein und die Verantwortung zu haben. Die SPD-Fraktion hat viele Einführungsveranstaltungen organisiert. Jeder neue Abgeordnete hatte auch einen erfahrenen Abgeordneten zur Seite. Bei mir war das Sören Bartol aus Marburg.

Jetzt sind Sie voll drin in der parlamentarischen Arbeit?

So ganz noch nicht. Nächste Woche beginnt in den Ausschüssen die eigentliche inhaltliche Arbeit, die Arbeit an Gesetzentwürfen.

Sie gehören dem Finanzausschuss und dem Ausschuss für Digitales an. Was können Sie dort für die Menschen in Frankfurt erreichen?

Eine Menge. Ich bin sehr glücklich, dass ich in diesen sehr wichtigen Ausschüssen mitarbeiten darf. Sie bieten sehr große Gestaltungsmöglichkeiten.

Sie haben vor der Wahl gesagt, dass Sie dabei helfen wollten, die Kinder auf die Welt von morgen und übermorgen vorzubereiten ...

Wir haben in der Pandemie gesehen, dass es etwa bei den Voraussetzungen für Homeschooling noch großen Nachholbedarf gibt. Über den Digitalpakt 2.0 werden wir mehr Geld für eine gute Ausstattung der Schulen bereitstellen. Wichtig sind auch schnellere und effizientere Planungs- und Genehmigungsverfahren, damit die Schulen schneller modernisiert werden können. Es muss in den Schulen WLAN geben, Whiteboards und mobile Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler. Das ist die nötige Infrastruktur. Mir ist zudem wichtig, dass die Kinder auch die Inhalte von morgen lernen.

Auch in Frankfurt ächzen die Menschen unter steigenden Strom- und Gaspreise, Mieten und Lebensmittelpreisen. Was kann die Bundesregierung tun, um das zumindest abzufedern?

Das ist ein Thema, das uns sehr beschäftigt. Wir haben einige Schritte vereinbart, die hier in Frankfurt Wirkung haben werden. Wir wollen 400 000 Wohnungen bauen, davon 100 000 Sozialwohnungen. Das wird auch den Wohnungsmarkt in Frankfurt entlasten. Bald wird es einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde geben. Das bedeutet für sehr viele Menschen eine Gehaltserhöhung. Für uns ist klar: Wer Vollzeit arbeitet, muss von seinem Lohn leben können, auch in einer Großstadt wie Frankfurt.

Auch in Frankfurt gibt es viele Menschen, die langzeitarbeitslos sind und von Sozialleistungen leben. Müsste man die Hartz-IV-Sätze angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten nicht stark erhöhen?

Wir haben vereinbart, dass wir Hartz IV reformieren und ein Bürgergeld einführen wollen. Meine Meinung ist, der derzeitige Hartz-IV-Satz reicht nicht für ein würdevolles Leben in einer Stadt wie Frankfurt. Mir ist zudem wichtig, dass wir wegkommen von einem Sozialstaat, der die Menschen kontrolliert, hin zu einem Sozialstaat, der den Menschen Sicherheit gibt. Der Ansatz muss sein, Menschen, die Sozialleistungen beziehen, zu motivieren – und nicht, sie zu bestrafen.

Der Einzug in den Bundestag muss auch ihr Privatleben stark verändert haben. Sie haben zwei Wohnungen, verbringen vermutlich sehr viel Zeit im Zug ...

Das kenne ich schon aus meiner Beratertätigkeit, montags loszufahren und donnerstags oder freitags nach Hause zu kommen. Da war ich zunächst immer in Hotels, bis ich irgendwann davon genug hatte. Schon deshalb war es mir jetzt sehr wichtig, eine Wohnung in Berlin zu haben. In der Regel bin ich eine Woche im Bundestag, eine im Wahlkreis.

Wie stark wollen Sie im Wahlkreis präsent sein?

Sehr stark. Ich sehe das gerade für mich als direkt gewählten Abgeordneten auch als Verpflichtung an. Ich werde etwa meine Wahlkreistouren fortsetzen und regelmäßige Sprechstunden anbieten. Im Bundestag sind die Tage sehr voll. Ich fange um 7 Uhr an und es geht eng durchgetaktet bis Mitternacht. Da bekommt man wenig mit, was außerhalb des Bundestags passiert. Umso wichtiger ist es mir, viele Frankfurterinnen und Frankfurter zu treffen, um Hinweise und Anregungen für meine Arbeit zu bekommen.

Interview: Christoph Manus