Zwischenbericht aus dem Hanau-Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag

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Turgut Yüksel (MdL) ist Mitglid des Untersuchungsausschusses im Hessischen Landtagzum Terror-Akt in Hanau. In den bisher 14 stattgefundenen Sitzungen wurden einige Missstände bei z.B. der Besetzung der Polizei, Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Behörden und der Betreuung von Opfern und Angehörigen deutlich. Dies gilt es in Zukunft zu verbessern. Turgut berichtet:

Seit dem vergangenen Jahr tagt im Hessischen Landtag der Untersuchungsausschuss zu dem schrecklichen rechtsextremistischen Terrorakt vom 19. Februar 2020 in Hanau, bei dem ein Rechtsextremist neun Hanauer Bürger*innen ermordete und anschließend seine Mutter und sich selbst erschoss.  Ich bin zusammen mit meiner Kollegin Heike Hofmann und Marius Weiß, der auch Vorsitzender des Gremiums ist, Mitglied im Ausschuss. Bisher gab es 14 öffentliche und nichtöffentliche Sitzungen im Landtag. Unser gemeinsames Ziel ist es angemessen an die Opfer zu erinnern, einen Beitrag zur Gerechtigkeit zu leisten, weitere Details der Tat aufzuklären und Konsequenzen einzufordern.

Bereits in den ersten Sitzungen haben sich einige Erkenntnisse zum Tatablauf und zum Umgang mit den Opfern ergeben:

In Zukunft muss an der Art und Weise der Betreuung von Opfern und Angehörigen schwerer Straftaten gearbeitet werden. Hilfen müssen ausgebaut werden. Die bisherigen Regelungen reichen nicht im Geringsten aus. Die Ahnungslosigkeit, das ewige Warten sowie das Anfordern-Müssen von Informationen hat den psychischen Zustand der Angehörigen nur verschlimmert. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Die Koordination und die Kommunikation zwischen den Sicherheits- und Ermittlungsbehörden hat weder in der Tatnacht noch und in den Tagen danach hinreichend funktioniert. Die Polizei in Hanau war in der Nacht des rassistischen Terroranschlags personell unterbesetzt. Nicht einmal die vorgeschriebene Mindestanzahl an Beamt*innen war im Dienst. Hier manifestierte sich der generelle Personalmangel bei der hessischen Polizei, den der Innenminister Peter Beuth über viel zu lange Zeit lediglich zur Kenntnis genommen, aber nicht korrigiert hat.

Auch gab es Abstimmungsprobleme zwischen der Staatsanwaltschaft in Hessen und dem Generalbundesanwalt. Die hessische Behörde wusste offensichtlich nicht, dass der Generalbundesanwalt bereits in der Tatnacht gegen vier Uhr morgens das Verfahren an sich gezogen hatte und die Zuständigkeit der hessischen Staatsanwaltschaft damit endete. Wohl aufgrund der fehlenden Informationsweitergabe über die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts an die hessische Oberstaatsanwältin, ordnete diese die Obduktionen der Opfer des Anschlags an. Derlei invasive Leichenschauen stehen im Konflikt mit den weltanschaulichen Ansichten eines Teils der Opferfamilien. Diese wurden zu keinem Zeitpunkt über die Obduktionen benachrichtigt.

Leider war es bisher nicht möglich, umfassende Fragen um den Komplex der Obduktionen zu stellen. Ich erwarte, dass das Justiz- und das Innenministerium gemeinsam die Verfahrens- und Kommunikationsdokumentation verbessern, damit in Zukunft nachvollzogen werden kann, wie die Verantwortlichen für die Gefahrenabwehr, die Einsatzleitung und die strafrechtlichen Ermittlungen untereinander kommunizieren und wie bestimmte Entscheidungen zustande kommen.

Es sind bereits jetzt noch für das ganze Jahr 2022 weitere Sitzungstermine des Ausschusses angesetzt, um Zeug*innen zu vernehmen. Ich hoffe, der Ausschuss wird weiter konzentriert seine schwierige Aufgabe bewältigen und Beiträge zur Aufklärung leisten.